Kunstausstellung „WeltWeitWeben“ in der Scheune Leiber eröffnet
Bericht vom 28. Februar 2016
Chipstüten, Krawatten, T-Shirts, Herrensakkos und Plastikfiguren verwebt der japanische Künstler Kotaro Nagira zu Kunstwerken. Seit Sonntag sind Beispiele seiner Webkunst in der Scheune Leiber in Damme zu sehen. „Ich drücke mit meinen Bildern aus, wie ich die Welt sehe“, sagte der Künstler anlässlich der Ausstellungseröffnung, zu der der Kunst+Kultur-Kreis Damme eingeladen hatte.
Ein Beispiel ist das vier Meter lange Bild „Pride #5“. Über 300 gebrauchte Krawatten hat Kotaro Nagira in diesem Motiv verarbeitet. Die Krawatten stünden für die männlichen Arbeitnehmer in seiner Heimat Japan. Sie würden nur in ihrer Rolle als Leistungsträger wahrgenommen und nicht als Mensch, kritisiert er die strenge Arbeitsmoral in seinem Land. Das Verweben würde jeder Krawatte einen festen Platz im Gesamtbild zuordnen und alle miteinander in Verbindung bringen. Ebenso sei es in der menschlichen Gesellschaft.
Weben ist in Japan ein traditionelles Handwerk. Kotaro Nagira hat dieses Handwerk von Grund auf gelernt und 2010 seinen Master in Webkunst an der Tokyo National University of Arts gemacht. In seinen Arbeiten verwendet er häufig ganz klassische Webtechniken. Die Kunst ist das Zusammenstellen und Anordnen der Materialen, der Fäden und der Farben. Leuchtend rote Fäden halten dunkle Herrensakkos zusammen, als ob sie gefesselt seien oder bunte Kinder-T-Shirts bilden ein scheinbar fröhlich buntes Bild, dazwischen versteckt sind kleine Zettel mit Zitaten des humanistischen Denkers Erich Fromm. Für Kotaro Nagira ist Weben nicht nur ein Handwerk, sondern er möchte damit mehr ausdrücken. „Ich beendete das Weben von Tüchern, ich entschied mich dazu, die Welt zu weben“, hat er einmal seinen Weg beschrieben. Immer wieder spielt er mit seinen Motiven auf den Konsum und die Wegwerfgesellschaft an. So gestaltet er Chipstüten oder McDonalds-Tüten zu gewebten Bildern um. „Ich betrachte Müll anders“, sagt Nagira und ergänzt: „Über den Müll wird etwas über die Gesellschaft gesagt.“ Neben seinen gestalterischen Arbeiten, zeigt der Künstler in der Ausstellung auch Videos von Aktionen mit Schulklassen, bei denen er Tücher von der Größe eines Fußballfeldes webt. Ein wenig „Action-Weben“ gab es dann auch in der Scheune Leiber, indem er kurzerhand an einem Geländegitter mit Absperrband die Technik des Webens erklärte und zum Nachmachen animierte.
Seit September 2015 absolviert Kotaro Nagira ein Forschungsjahr in Deutschland, das vom japanischen Bildungsministerium gefördert wird. Seine bisherigen Eindrücke von Deutschland stellte er in einer kurzen Ansprache auf Deutsch vor. Der Charme Deutschlands liege darin, dass er zwar eine vorgefasste Meinung von Rationalität und hoher Arbeitsmoral der Deutschen hatte, die Menschen aber in Wirklichkeit locker und heiter seien. Als Beispiel für die typische rationale Denkweise der Deutschen hatte er einen Webrahmen für Kinder mitgebracht, den es so in Japan nicht geben würde.
Für den musikalischen Rahmen der Vernissage sorgte Svetlana Eswein am Flügel. Die Ausstellung ist noch bis zum 27. März 2016 mittwochs von 16.00 – 18.30 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 14.00 – 18.00 Uhr zu sehen. (Bkm)
Fotos: Wolfgang Klika