Gerd Berghofer stellt Leben und Wirken des Ausnahmetheologen im Kontorhaus Dorfmüller vor
Bericht vom 15. November 2016
Wer war Dietrich Bonhoeffer? Dieser Frage ging der Schriftsteller und Rezitator Gerd Berghofer am Dienstagabend im Kontorhaus Dorfmüller nach. Rund 50 Gäste konnte der Kunst+Kultur-Kreis Damme bei dem literarischen Vortragsabend begrüßen. Auch Dietrich Bonhoeffer selbst habe sich oft die Frage gestellt: „Wer bin ich? Bin ich das was andere in mir sehen?“, erzählte Gerd Berghofer dem Publikum. Er beschrieb ihn als hochgebildet, engagiert, kritisch und von tiefer christlicher Überzeugung. In seinem Vortrag ging Berghofer auf prägende Elemente und Ereignisse in Bonhoeffers Leben ein.
Dietrich Bonhoeffer stammte aus einem großbürgerlichen Haus. Von seinem strengen Vater wird er nach den Werten der Wilhelminischen Ära erzogen. Von Haus aus erhält er eine patriotische Gesinnung. So ist er als Kind bei Ausbruch des ersten Weltkrieges beeindruckt von der Einstellung, für eine höhere Sache zu sterben. Dieser Patriotismus erhält jedoch einen Dämpfer als sein Bruder Walter fällt.
Nach dem Krieg entschließt sich Bonhoeffer Theologie zu studieren, was nicht wirklich die Zustimmung des Vaters findet. Doch Dietrich Bonhoeffer setzt sich durch und geht nach Tübingen. Rom und Berlin sind weitere Stationen seines Studiums. Er studiert unter Adolf von Harnack, der für eine konservative protestantische Theologie steht, orientiert sich gedanklich aber mehr an den neuen theologischen Ansätzen von Karl Barth. Als eine der prägenden Säulen für Bonhoeffer sieht Gerd Berghofer die Erfahrung gelebter Frömmigkeit während seiner Zeit in Rom.
Eine zweite prägende Säule ist Bonhoeffers Engagement in der Jugend- und Sozialarbeit. „Kirche ist nur dann Kirche, wenn sie für andere da ist“, so lautet eines seiner bekannten Zitate. Als dritte Säule beschreibt Gerd Berghofer den Aufenthalt Bonhoeffers in New York, wo er in Harlem die Kirche des schwarzen Amerikas kennenlernt.
Mit der Machtübernahme durch Hitler steht Bonhoeffer von Beginn an in der kirchlichen Opposition. Ein berühmter Satz aus dieser Zeit ist: „… man muss dem Rad in die Speichen fallen…“. Auch tritt Bonhoeffer offen für die Juden ein, denn als tiefgläubiger Mensch hat er nie vergessen, dass Jesus Jude war. Der Satz „Wer nicht für die Juden schreit, darf auch nicht gregorianisch singen“, beschreibt seine Einstellung. Später wird aus der kirchlichen Opposition der politische Widerstand gegen das Nazi-Regime.
Sein Widerstand bringt ihn schließlich ins Gefängnis. Hier entstand auch eines des beliebtesten Kirchenlieder „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“ Am 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer hingerichtet. Doch dauert es noch viele Jahre bis er als Person des Widerstandes wahrgenommen und gewürdigt wird. (Bkm)
Foto: Martina Böckermann